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Gerechtigkeit ist nicht gleich Gerechtigkeit

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Alle politischen Parteien nehmen für sich in Anspruch, Gerechtigkeit als Ziel zu haben. Erst bei näherer Analyse der Parteiprogramme wird klar, dass sich die Ziele trotz gleicher Wortwahl häufig diametral gegenüber stehen. Der Widerspruch lässt sich schnell auflösen, wenn man die unterschiedlichen Gerechtigkeitsprinzipien systematisiert.  

Regelgerechtigkeit

Die aufgestellten Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens müssen fair und allgemeingültig sein. Das bedeutet, dass keiner aus dem Rechtssystem ausgeschlossen wird. Auch darf es keine sog. Zwei-Klassen-Urteile in der Rechtsprechung geben. Dies würde von von der Bevölkerung schnell als „ungerecht“ empfunden werden.

Einkommensgerechtigkeit

Darunter  versteht man, dass Güter und Lasten möglichst gleich zwischen den Menschen verteilt sein sollen. Absolute Einkommensgerechtigkeit wäre demnach erreicht, wenn alle Gesellschaftsmitglieder genau das gleiche Einkommen hätten. Dieses egalitaristische Gerechtigkeitsprinzip widerspricht dem nachgenannten Leistungsfähigkeitsprinzip, wenn die Einkommensbezieher unterschiedliche Leistungsergebnisse erzielen. Ein zentrales Problem einer Gleichverteilung des Einkommens ist die Gefahr eines Fehlanreizes: Wenn der Einzelne vor der erbrachten Leistung bereits weiß, dass er das gleiche Einkommen erzielen wird wie alle anderen, hat er in der Regel kein Bestreben viel zu leisten.

Leistungsgerechtigkeit

Als leistungsgerecht gilt, wenn jeder Mensch das verdient, was er auch selbst erwirtschaftet. Diesem Gerechtigkeitsprinzip liegt der Grundgedanke der ausgleichenden Gerechtigkeit unter Gleichen zugrunde. Probleme dieses Prinzips sind: Wie wird Leistung gemessen? Wie werden Teilleistungen – zum Beispiel als Mitarbeiter in einem Unternehmen – selektiert? Was ist Leistung (Definitionsproblem)? Haben die Leistungsträger dieselben Voraussetzungen?

Generationengerechtigkeit

Dieses Prinzip geht weit über die Frage der Rentenhöhe hinaus. Es gilt als erfüllt, wenn die nachfolgenden Generationen die gleichen Voraussetzungen vorfinden als die Lebenden und wir heute nicht auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Dies entspricht dem Nachhaltigkeitsprinzip im engsten Sinne.

Bedarfsgerechtigkeit:

Eine Gesellschaft ist nach diesem Prinzip dann gerecht, wenn ein Mindestbedarf an Gütern jedem Menschen zusteht. Über die Höhe des Mindestbedarfs lässt sich trefflich streiten, wie die Vielzahl der Auseinandersetzungen um die Höhe der Sozialhilfe zeigt. Hier geht es nun um eine zuteilende Gerechtigkeit zwischen Ungleichen und widerspricht dem Leistungsprinzip, wenngleich es nicht so weit wie die Einkommensgleichheit geht und damit den Leistungsanreiz weiter bestehen lässt. In welcher Form die Umverteilung des Leistungsergebnisses geschieht, kann wiederum nach unterschiedlichen Prinzipien erfolgen. Ein Beispiel ist das Paretoprinzip, nach dem eine Umverteilung nur erfolgt, wenn keine der beteiligten Parteien schlechter gestellt wird.

Chancengerechtigkeit

Nach diesem Gerechtigkeitsprinzip stehen die Voraussetzungen der Leistungsträger vor der Leistungserstellung im Vordergrund. Dieses Prinzip ist eine wichtige Legitimation für ein wirtschaftliches, politisches oder gesellschaftliches System, für das sich eine Gesellschaft entscheidet. Alle Menschen sollen demnach die Chance habe, ihre gegebenen Talente zu nutzen, um die eigene Lebenssituation zu verbessern. Inwieweit die Voraussetzungen nur auf den Bildungssektor oder auf weitere Ressourcenausstattung bezogen ist, ist eine der zentralen Diskussionspunkte bei diesem Gerechtigkeitsprinzip.

 


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